Der Verschleiß des oberen Sprunggelenkes ist meistens die Spätfolge einer schweren Gelenkverletzung. Neben den Unfallfolgen findet sich eine Gelenkzerstörung aber auch im Rahmen einer primären Arthrose, als rheumatische Gelenkdestruktion, bei anderen systemischen Erkrankungen oder nach Entzündungen. Die Behandlung bestand bisher meistens in einer Versteifung des Sprunggelenks mit langwierigem Heilungsverlauf und oft funktionell unbefriedigenden Ergebnissen mit orthopädischem Schuhwerk.
Seit 1970 wurde versucht mit einem endoprothetischen Gelenkersatz die Beweglichkeit zu erhalten. Aber die anfänglichen zementierten Prothesen waren mechanisch unzureichend und führten zu frühzeitigen Lockerungen. Erst mit der Entwicklung moderner unzementierter nichtgekoppelter Drei-Komponenten-Modelle seit Mitte der achtziger Jahre gelang es - ohne große Knochenentfernung bei der Prothesenimplantation - auch langfristig gute Resultate zu erzielen. Seit 1999 werden bei uns OSG-Endoprothesen-Implantationen erfolgreich mehr als 1200mal durchgeführt.
Durch die Weiterentwicklungen der Prothesenmodelle in den letzten Jahren konnte einerseits die Verankerung im Knochen entscheidend verbessert werden und andererseits ergibt sich durch die anatomische Form der Komponenten eine physiologische Rollgleitbewegung mit der neuesten verwendeten vierten Prothesengeneration. Damit lassen sich bei ausgewählten Patienten sehr gute Resultate erzielen. Die erhöhte Anzahl der verfügbaren Prothesengrößen und die verstärkte Prothesenkomponentenvielfalt ermöglichen eine verbesserte Implantateauswahl für verschiedene Patienten.
Allerdings erhalten bisher immer noch eine Minderheit von Patienten derartige Prothesen. Ein Grund für die bisher restriktive Indikationsstellung zum Gelenkersatz war, dass in fast 80% der Fälle eine mehr oder weniger starke begleitende Fehlstellung bei den Arthrosepatienten besteht. Diese stellte bisher eine Gegenanzeige zur TEP-Implantation dar. Deshalb wurde von Dr. Boack eine neue OP-Technik entwickelt, mit der auch schwere Fehlstellungen korrigiert und Prothesen implantiert werden können.
Mit der neuen Technik konnten Fehlstellungen bis 40° erfolgreich behandelt werden. Damit ergeben sich für viele Patienten völlig neue Möglichkeiten und die enge Indikationsbreite konnte entscheidend erweitert werden. Deshalb können derzeit auch zusätzliche Patienten mit der neuesten Prothesengeneration in Verbindung mit einer Korrektur der Fehlstellung erfolgreich behandelt werden.
Trotz der aufwendigen Korrekturoperation konnten die Patienten teilweise minimalinvasiv operiert sowie frühzeitig krankengymnastisch nachbehandelt und mobilisiert werden. Durch die schnelle Schmerzlinderung und die Möglichkeit der sofortigen Übungsbehandlung nach der Operation konnte insgesamt die Beweglichkeit deutlich gesteigert werden. Diese Nachbehandlungsmöglichkeit hat auch wesentlich zu den guten funktionellen Ergebnissen nach der Korrektur der Fehlstellung beigetragen.
Zum anderen kann bei komplexen Instabilitäten auch eine teilgeführte (axial und rotatorisch stabilisierte) Sprunggelenksendoprothese Anwendung finden bzw. bei Knochendefekten oder Fehlbildungen der Einsatz von Individualprothesen, die speziell für den Patienten nach Computeranalyse angefertigt werden, erfolgen.
Präoperativ bestand in 81 % eine tibiale Deformität mit einer mittleren Achsabweichung von 5° [aLDTW nach Paley] und zusätzlich in 87 % noch eine talare Fehlstellung mit mittleren 8° Fehlwinkel [tibiotalar tilt], wobei das Ausmaß der Fehlstellung von 2 bis 41° (!) reichte. Die selektive Beweglichkeit vor der Operation betrug bei der BV-Messung im OSG nur mittlere 13° (0-25) bei 21° Gesamt-ROM. Im AOFAS-Hindfoot-Score (0-100 Punkte; 0 = schlechtester Wert; 100 = bester Wert) erreichten die Patienten durchschnittlich 29 (0-63) Punkte. In der Visuellen Analog-Skala (0-10, 10 = schlechtester Wert; 0 = bester Wert) gaben die Patienten präoperativ bzgl. des Schmerzes einen Wert von im Mittel 7,7 (5,1-10,0) und bzgl. der Funktionseinschränkung einen Wert von im Mittel 7,8 (4,3-10) an. Dementsprechend bestand ein geringer Aktivitätslevel von mittleren 1,3 im Tegner-Score.
Nach den durchgeführten Korrekturoperationen und Prothesenimplantationen konnte eine zeitgerechte Einheilung festgestellt werden. Es wurde seit dem Einsatz der neuesten Prothesengeneration noch keine aseptische TEP-Lockerung registriert.
Bei der Nachuntersuchung zeigte sich im AOFAS-Score ein mittlerer Punktwert von 84 (69-100) Punkten. Bezüglich der subjektiven Zufriedenheit gaben die Patienten in der Visuellen Analog-Skala (0-10) für den Schmerz im Durchschnitt 2,2 und für die Funktion im Mittel 2,3 an. Die Sprunggelenksgesamtbeweglichkeit betrug im Durchschnitt 38°. Entsprechend der guten funktionellen Ergebnisse war das Aktivitätsniveau im Tegner-Score auf mittlere 3,1 angestiegen und damit ohne signifikanten Unterschied zu dem altersentsprechenden Level ohne OSG-Arthrose. Über 90 % der Patienten waren mit der OP zufrieden und würden sich jederzeit wieder diesem Eingriff unterziehen.
a) Ganzbeinachsenaufnahme im Stehen ap mit Mikulicz-Linie (weiße Linie) und proximalem Tibiawinkel [aMPTW] sowie distalem Tibiawinkel [aLDTW] (rotes T / reversed-T)
b) OSG-Ausschnittsvergrößerung der Ganzbeinachse zeigt deutlich die supramalleolare Varus-Deformität und additivem artikulärem Varustilt des Talus
c) OSG-Ausschnittsvergrößerung der Ganzbeinachse mit eingezeichneten Winkeln aus Bild a (CORA in der dist. Tibiametaphyse; aMPTW bzw. aLDTW als rotes reversed-T bzw. T und Mikulicz-Linie = weiß)
d) Postoperative Belastungsaufnahme mit erreichter Achsenkorrektur (Mikulicz-Linie identisch mit prox./distaler Tibiaachse) und ohne talare Kippung (aLDTW = 90°)
Einzeitige Deformitätenkorrekturen und erweiterte Arthrolysen sind bei der OSG-TEP-Implantation grundsätzlich möglich, wenn nach kritischer Indikationsstellung konsequent weichteilschonende Operationstechniken angewendet werden. Mit der OSG-Endoprothetik lassen sich somit kurz- und mittelfristig sehr gute Resultate erzielen, wenn bestehende Kontrakturen adressiert und Fehlstellungen mit Weichteilrelease bzw. Korrekturosteotomie angegangen werden. Der Erfolg hängt damit wesentlich von den Erfahrungen des Operateurs ab. Damit besteht im ausgewählten Klientel eine gute Alternative zur Arthrodese.
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